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Marquez wird Bandit
gepostet am 14.09.2003
 
Marquez

arquez stand mit verschränkten Armen vor der Brücke und sah am alten Turm hoch.
"Hm, gar nicht mal so unbedrohlich, diese Banditenburg. Aber das ist bestimmt nur ein Name, um lästige Besucher abzuschrecken. Vielleicht sind das ja ganz nette Leute hier."
Er atmete durch. "Ok, dann werd ich mal reingehen. Einfach selbstbewusst auftreten, dann wird das schon klappen."
Einen entschlossenen Gesichtsausdruck später stand er vor der Brückenwache, die ihm ei-nen nicht gerade herzlichen Empfang bot.
"Halt! Wer bist du?"
Marquez versuchte nach besten Kräften, sich nicht von dem bedrohlichen Tonfall verwirren zu lassen.
"Ich bin Marquez und..."
"Mich interessiert nicht, wie du heißt. Ich will wissen, was du hier willst!"
"Äh, Lee schickt mich, ich soll hier..."
"Ach, dann bist du der Neue." Der Wachmann entspannte sich etwas. "Hier, das soll ich dir geben." Hinter einem Busch holte er eine Spitzhacke hervor und drückte sie Marquez in die Hand, der seinen Augen nicht traute.
"Da muss ein Missverständnis vorliegen. Ich soll hier als Bandit anfangen und keine Steine klopfen."
Die Wache brach in lautes Lachen aus.
"Zu köstlich! Haha, Steine klopfen, sagt er."
"Was ist denn los? Hab ich was Falsches gesagt?" Marquez schaute drein wie ein begosse-ner Wolf, bis sich die Wache wieder beruhigte und ihm ernst entgegnete:
"Ja, allerdings." Er wischte sich noch eine Freudenträne ab. "Du sollst hier keine Steine, sondern Erz klopfen!"
"Sehe ich aus wie ein Bergarbeiter? Lee hat gesagt..."
"Lee, sagt den Neuen, dass sie sich bei uns melden sollen. Ab dann bestimmen wir, was mit ihnen passiert. Und wir sagen: Jeder neue muss in der Mine Erz schürfen. Und du kriegst bestimmt keine Extrawurst! Also Abmarsch!"
Gesenkten Hauptes trottete Marquez Richtung Mine.
"Ach, eins noch...", rief ihm die Wache nach. "Du solltest vielleicht mal bei Carras vorbei-schauen und dir angemessene Schutzkleidung besorgen. Wenn dir so ein Erzbrocken auf den Fuß fällt, kann das verdammt weh tun."
 

TACK... TACK... TACK...
Die Spitzhackenschläge der anderen Schürfer trieben Marquez in den Wahnsinn. Die Luft war stickig und unmenschlich angewärmte Windzüge pfiffen durch die Stollen.
Aber Marquez blieb nichts anderes übrig, als weiter den Erzklumpen vor sich zu bearbeiten. Seit Mittag war er in der Mine gewesen und langsam aber sicher verfluchte er die Banditen.

Doch was war das?
Das Gereizte in seinem Blick verschwand und er horchte aufmerksam auf.
"Oh, diese süße Ruhe!"
Die anderen Schürfer mussten eine Pause eingelegt haben. Nicht ein Geräusch war zu hö-ren. Marquez stützte sich erschöpft auf seine Spitzhacke und wischte sich mit seinem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
"Wenn es doch für immer so anhielte...", murmelte er, am Rande des Einschlafens. Aber dann fuhr er hoch.
TACK... TACK... TACK...
Da war es wieder. Lauter als jemals zuvor. Bei jedem TACK fuhr Marquez zusammen. Jedes TACK war für ihm wie ein direkter Schlag in den Schädel.
Er lehnte sich an die Wand hinter ihm und glitt nah an der Ohnmächtigkeit an ihr herunter, bis er auf dem Boden saß.
TACK... TACK...
Ein heiseres Stöhnen entglitt ihm und er kniff mehrmals die Augen zusammen, als würde er jeden Moment seine Sehkraft verlieren.
"Das darf doch nicht wahr sein! Wo bin ich hier gelandet?"
TACK... TACK...
Die Schläge hörten nicht auf. Doch plötzlich war sein Blick wieder hellwach. Marquez stand langsam auf und nahm seine Spitzhacke in die Hand.
TACK...TACK...
Jedes TACK verfinsterte seine Miene weiter. Jedes TACK trieb ihm mehr Adrenalin ins Blut. Mit jedem TACK musste er seine Zähne stärker zusammenbeißen, um die Fassung zu behal-ten - bis er sich schließlich entlud.
"So eine verdammte Scheiße!"
Der Erzklumpen hielt seinem wutgeladen Schlag nicht stand und zerschellte noch an der Wand.
Völlig ungläubig starrte Marquez auf den am Boden liegenden glitzernden Haufen. Sein A-tem wurde immer schneller.
"Oh, verdammt, ich muss hier raus!"
Er warf die Spitzhacke zur Seite und stürzte nach draußen, vorbei an den Wachen und brach vor der Mine auf den Knien zusammen.

 
Ein Tag im Minental
gepostet am 13.09.2003
  Nizidraman

m Minental war es hell geworden, der Morgen begann, die Tierwelt erwachte. Tau lag auf den wenigen Pflanzen, die zwischen den einzelnen Kieselsteinen der Einöde hindurchzuwachsen vermochten. Einige hundert Schritt entfernt lagerte eine Handvoll Scavenger. Drei hohe, alte, morsche Pappeln ragten 'gen Himmel, als wollten sie Innos Macht preisen.

Nur etwas nagte an diesem Bild der perfekten Ruhe, nur etwas störte die Abgeschiedenheit dieses Ortes. Dieses Etwas war klein, steckte in bunten Kleidern und lag flach atmend am Boden, die Augen geschlossen, zu kaum einer Regung fähig. Die Haare dieses Wesens waren strähnig und rostrot. Der Schlaf dieses Wesens konnte auch von der Sonne, die stetig aufstieg und ihre Bahn abschritt, geweckt werden. In Tat und Wahrheit erreichte sie ihren Mittelpunkt, war schon wieder am Absteigen, als, kurz bevor die gelbe Scheibe hinter den Hügeln verschwinden würde, sich die Figur plötzlich wieder regte.

Ächzend setzte sich Nizidraman auf. Sein Kopf schmerzte, doch hatte der Schmerz erfreulicherweise nachgelassen, hatte sich von der Beharrlichkeit und dem Glück von Nizidramans Selbstheilungskräften besiegen lassen, hatte sich zurückdrängen lassen. Doch noch waren die Schmerzen noch nicht weg, und Nizidraman wusste, er würde es diesen vermaleideten Innosanhängern schon noch zeigen. Irgendwann, in ferner Zukunft. Auch wenn er kaum glauben konnte, jemals zu Rache fähig zu sein. Hoffen, das konnte er jedenfalls. Ja, die Hoffnung. Die starb zuletzt. Nizidraman wollte Kren aus der Tasche nehmen. Er erstarrte, als seine Finger am gewohnten Wohnort des Kaninchens nur einige dunkelbraune Böhnchen fanden, die, als er sie angewidert herausnahm, einen äußerst üblen Geruch verbreiteten.

Nizidraman überlegte sich gerade, wo denn wohl ein Kaninchen, dessen Vorfahren bestimmt berühmte Kaninchenherrscher gewesen waren, hingehen könnte. Überall, war die weniger aufschlussreiche Antwort. Also überlegte sich der Jüngling, was er tun würde, wenn er ein Kaninchen wäre und wenn er den Mut besessen hätte, die Tasche seines Meisters zu verlassen. Glücklicherweise beantwortete Nizidramans Magen die Frage, die seinen Besitzer quälten, mit einem lauten Knurren.

Fressen! Ein Kaninchen würde doch bestimmt den nächsten Fressplatz aufsuchen, ging es ihm durch den Kopf. Also blickte er sich um. Überall Steine und kleinere Felsen, Geröll, nur an zufälligen Orten stießen einige Halme und Blätter durch, hatten die Kraft, sich in der lebensfeindlichen Umgebung einen Weg zu Licht und Sonne zu bahnen, sich am Leben erhalten können. Und eben eine dieser Pflanzen, die ganz in der Nähe von Nizidraman wuchs, hatte Kren als Opfer auserkoren. Der Stängel war bereits im Mund verschwunden, nur noch einige Blätter waren aus dem mampfenden Fresswerkzeug des Tierchens zu sehen. Mit einem lauten Aufschrei "Kren, was bist du bloß für ein freches Tier!" stürzte sich Nizidraman förmlich auf seinen Begleiter. Dieser erschrak, hoppelte erstmals ein paar Schritte weiter und stellte dann seinen Kopf schief, beäugte misstrauisch den tollpatschigen Menschen. Auch der zweite Fangversuch schlug fehl. Kren hopste munter über einen Stein, gluckte mit seinen Augen, so dunkel wie eine schwarze Perle zurück zu ihrem Herrn. Dieser überlegte es sich schließlich anders. Er zupfte einige der Kräuter aus dem kargen Boden, um sie dem Tierchen hinzuhalten. Durch das erstklassige Mal angelockt, getraute sich Kren tatsächlich in Nizidramans Nähe zu kommen, knabberte dann auch sogleich an den Pflanzen, und wurde dann als sattes Kaninchen zurück in die Tasche gesteckt.

Da die Bedürfnisse des Kaninchens nun geklärt waren, sorgte sich Nizidraman jetzt um den Wohl seines eigenen Leibes. Er verspürte eine gewisse Leere im Magenbereich, und er überlegte, wo er hier wohl Beeren finden würde. Und ob die Beeren ausreichen würden, um seinen Hunger zu stillen. Doch als er den Kopf hob, sah er zwei sich langsam nähernde Scavenger, beide mit gesenkten Kopf. Durch die Fangaktion hatte sich Nizidraman unvorsichtig nahe an die beiden Riesenvögel begeben. Da gab es nur eines: Die Beine in die Hand nehmen, und wegrennen! Ohne sich umzublicken rannte nun Nizidraman weg, immer geradeaus, in ein und dieselbe Richtung. Er holperte über Felsen und Steine, durchstieß Dickichte und Büsche. Übersprang Bäche und andere Wasserläufe, und rannte weiter, als die Scavenger längst wieder an ihren gemütlichen Fressplatz zurückgekehrt waren.

Als er schließlich innehielt, bemerkte er eine erstaunliche Änderung des Terrains. Der Boden war weiß geworden, und glitzerte im Licht der ersten Sternen. Außerdem war es kalt, unheimlich kalt für eine Jahreszeit, in der man an und für sich noch Problemlos hätte draußen nächtigen können. Nizidraman blickte sich um, doch so weit das Auge reichte, war Schnee. Doch dies hatte nichts zu sagen, denn der Mond stand nur in einer schmalen Sichel am Firmament, und die Sterne wurden zu einem großen Teil von Wolken verdeckt. Vorsichtig ging Nizidraman deshalb weiter.

Gerade noch rechtzeitig, bevor er hineingetappst wäre, entdeckte der Schelm den Umriss eines schlafenden Orkes am Boden. Ein Orklager! Nizidramans Gedanken rasten. Plötzlich glaubte er, in der Dunkelheit überall riesige Schemen und Gestalten ausmachen zu können, die ihn anstarrten, die auf ihn zugingen, die ihn niederringen und erwürgen, erstechen oder köpfen wollte. Die Orks stanken bestialisch, ihr Geruch war süß und brechreizerregend. Ein seltsames Summen, wie von Tausenden von Fliegen ging vom Lager aus. Als Nizidraman vorsichtig einen Schritt machte, bemerkte er trotz des schwachen Lichtes große rote Lachen am Boden. Diese Ungetüme waren alle tot, gestorben, vernichtet, und am Schauplatz der heroischen Schlacht zurückgelassen worden.

Erst als der erste Schrecken überwunden war, bemerkte Nizidramans Nase den Gestank richtig. Vorher war es lediglich ein Wahrnehmen des Duftes gewesen, es roch damals nicht einmal so unangenehm. Jetzt aber strömte die Sinneswahrnehmung ohne Hemmungen auf ihn ein. Hätte Nizidraman etwas gegessen gehabt, seine Mahlzeit hätte jetzt bestimmt bei den Orks gelegen, so übel wie Nizidraman sich fühlte.

Unsicher tappste Nizidraman weiter. Von seiner Rechten her sah er Feuer, Lagerlärm, und die Silhouette der Burg ragte groß und gewaltig vor dem dunkeln Nachthimmel empor. Drohend, und doch Schutz gewährend.

Doch da wollte Nizidraman nicht mehr hin. Er wollte sich erst mal Klarheit verschaffen, wer hier wer war, wer böse war, wer gut war, und wer nur vorgab gut zu sein. Er wollte Wissen, was "Böse" überhaupt meinte, was es für eine Bedeutung hatte. Wissensdurst nagte an Nizidraman, Wissensdurst, den er hier nicht stillen konnte. Von dem er nicht wusste, wo und ob er ihn überhaupt befriedigen konnte. Wer war kompetent genug? Gab es jemanden, dem er traute, und der genug von der Materie wusste?

Ein Gläubiger Innos? Dessen Antwort kannte Nizidraman im Voraus. "Und hüte dich, mein Schäfchen, davor, eine böse Tat zu begehen. Wenn Innos nicht sofort straft, wird es spätestens nach deinem Tod so weit sein. Darum, mein Schaf, bete, lebe demütig und entbehrungsvoll, Liebe deinen Nächsten mehr als dich selbst, spende, wenn du zuviel Geld hast. Böse? Es gibt böse Menschen. Menschen die Beliar dienen, Menschen, die nur auf ihren Profit aus sind. Vor ihnen musst du dich in Acht nehmen, denn sie sind gefährlich und verschwörerisch, und solltest du dich zu ihnen gesellen, ist dir nach dem Tod ein schmerzvoller Platz in Beliars untersten Kammern schon sicher.

Ein Wassermagier? Der hätte ihm die Frage vermutlich sogar beantwortet, doch den einzigen Wassermagier, den er kannte, war Vatras. Und eben dieser Vatras hatte ihn einst beim Stehlen erwischt, und ihm dann so ins Gewissen geredet, dass Nizidraman ganz schlecht geworden war. Vatras würde ihm bestimmt helfen können, doch die Nebenerscheinungen, die Gedanken, die er mit sich brachte und die Gefahren, die Vatras Redekünste Nizidraman androhen konnten waren in Nizidramans Vorstellung zu mächtig, als dass er es gewagt hätte, den alten Prediger um Hilfe zu rufen.

Unentschlossen ging er weiter, den Berg hinauf. Er erkannte plötzlich wieder den Weg, den er mit diesem Konvoi gegangen war. Der Konvoi, der ihn hierher geführt hatte, ihn hier hatte stehen lassen. Kurzentschlossen ging Nizidraman den Weg hinauf. Er würde eher in Khorinis jemanden finden, den er Fragen konnte, denn hier, hier gab es nur Orks, Wölfe und Warge, und die sprachen ausschließlich mit dem Schwert oder mit ihren Zähnen.

Der Weg war steil, wurde allem Anschein nach immer steiler und wand sich, wie eine Riesenschlange, die den Berg hinaufkriecht. Bald keuchte Argos vor Erschöpfung und Anstrengung. Sein Hunger machte sich immer mehr bemerkbar, auch seine Kopfschmerzen hinderten ihn, zauberten dem Schelm zuweilen farbige Punkte vor die Pupillen, die wie kleine Schmetterlinge wirkten. Es war mitten in der Nacht, es war kalt, und Nizidraman fror in seinen dünnen Kleidern. Glücklicherweise gab es hier oben kaum angriffige Tiere, nur eine oder zwei Ratten waren aufgescheucht worden, und auch ein Artgenosse Krens war blitzschnell über den Weg gehoppelt.

Endlich, nach beinahe unendlich langem Aufstieg war die Passhöhe erklommen, der kleine Bergsee lag bezaubernd ruhig, unheimlich ruhig und unheimlich dunkel, eingebettet von Felsen an seinem Platz. Das Wasser war kalt, eisig kalt. Dennoch bückte sich Nizidraman nieder und trank. Seine Finger hatte er dabei zu einer Schale geformt, seine Hände waren ein Schöpfwerkzeug. Ein Schöpfwerkzeug, das allerdings sehr empfindlich gegen die Kälte des Mediums war.
  Innert Kürze schienen Eiszapfen an den Fingern zu hänge, und jede Bewegung stieß Wellen des Schmerzes durch Nizidramans Körper. Als der erste Schluck Wasser seinen Weg durch Nizidramans Kehle fand, erstaunte Nizidraman, dass er nicht schon längst zu einem Schneemann verkommen war, so kalt war das Lebenselixier, das vor ihm unschuldig einen ganzen Bergsee füllte. Bei der Wassertemperatur fühlte sich Nizidraman unwillkürlich an das Schneefeld zurück. Noch immer hafteten einzelne Flocken an seinen Füssen, seinem Beinkleid. Doch diese schmolzen jetzt, verschwanden weiß Adanos wo hin. Schließlich hatte Nizidraman aber doch seinen Durst gestillt, und wenig später waren sogar die gröbsten Wunden, vor allem kleine Schürfungen und Prellungen verbunden. Auch Kren trank gierig von dem klaren Bergwasser, welches hier in Hülle und Fülle vorhanden war. Noch einmal ging Nizidraman weiter, erklomm die letzte Anhöhe, und wenige Minuten später grüßte er fröhlich die etwas verwundeten Wachen am Pass.

Rascar

iefe Nacht war es geworden, Dunkelheit umfing die kahlen Bäume des Minentals wie ein tödlicher Schleier, den letzten Funken Licht, was hier noch etwas am Leben erhielt, aufsaugend wie ein gieriger Schwamm. Eine große, schwarze Krähe, die, wie ein bösartiger Schatten, im Geäst eines der kahlen Bäume prangte, ließ ihren krächzend-kehligen Ruf verlauten, einem dunklen Omen gleich, vor der Zukunft warnend. Widerwärtig stachen ihre, im Mondlicht etwas glänzenden Augen hervor, beäugten die Wildnis um sich mit wachsamen Blicken. Etwas, kaum auszumachen, doch für die Augen des großen Vogels gerade noch sichtbar, streifte in der Nähe durch den Wald. Eine Person, nein sogar zwei Personen schlichen durchs Unterholz. Ihre Mäntel, schwärzer als die Nacht, umschlangen ihre Körper, der eine massig, mit breiten Schultern, der andere, etwas größere als der erste, doch hagerer und schlanker. Schlangenartig und sicher wirkten seine Bewegungen. Die Gesichter waren nicht zu erkennen, kein einziger Strahl des Mondlichtes drang durch die weiten Kapuzen, die sich beide tief ins Gesicht gezogen hatten.
Ein Ast brach in der Nähe - als sich die Krähe wieder umwandte, waren die beiden Gestalten verschwunden...

Bald waren Rascar und sein Gefährte Druid aus dem Minental wieder heraus. Doch noch waren sie in Reichweite der orkischen Belagerer der Burg der Paladine. Keine gute Gesellschaft, so mochte man meinen. Vorsichtig pirschten die Wanderer weiter, ganz in der Nähe hatten sie die urzeitlich anmutenden Schrei der Grünfelle gehört - eine Patrouille musste hier herumschleichen. So schnell es ging, ohne Geräusche zu verursachen, kauerten sie sich in den Schutz eines verdorrten, blattlosen Busches. Zwar war er kahl, doch in Verbindung mit ihren Umhängen waren die beiden Männer nahezu unsichtbar. Rascar tat es in der Seele weh, den einst so prächtig grünenden Wald des Minentals in diesem traurigen, verwahrlosten Zustand zu sehen.
"Verfluchte Orks!"
Leise presste er den Fluch zwischen seinen Lippen hervor und spuckte aus. Doch hielt er sich mit weiteren Kraftausdrücken zurück, denn just im gleichen Moment kam die Orkstreife in sein Blickfeld. Seicht tippte er Druid auf die Schulter, wies mit dem Finger auf die nahende Gruppe. Der verstand und duckte sich noch ein Stück weiter zu Boden, kaum zu atmen wagte er bei der drohenden Gefahr.
Nur einige Meter von ihrem Versteck entfernt riss der Ork, der den Dreiertrupp anscheinend anführte, die Hand, zur Faust geballt, nach oben. Sofort blieben seine Untergebenen, wie zur Salzsäule erstarrt, stehen und rührten sich nicht. Misstrauisch blickte sich der Anführer um, es schien so als würde er die Luft auf Gerüche überprüfen, denn schnüffelnde Laute drangen an die Ohren der Beiden, die sich im Verborgenen aufhielten. Hatte der Ork sie etwa gewittert? Nach einigen Sekunden aber gab er das Zeichen zum weitergehen und die übrigen folgten ihm widerspruchslos. Wenige Minuten später war der Trupp gänzlich aus dem Blickfeld Druids und Rascals verschwunden, deutlich ließ ihre Anspannung, begleitet von einem lauten Seufzer, nach.
"Weiter!"
Geschnitten scharf drang das Wort aus dem Munde des Waldschrates. Der Weg ging also weiter.

Eine knappe Stunde später waren sie am Pass angelangt, der zur Küstenebene führte. Rascal blickte sich noch einmal um, warf einen letzten Blick auf das zerstörte Minental - ein weiterer Stich durchfuhr sein Herz... Dann stieg er, gefolgt von Druid, den Weg hinauf...

In der Dunkelheit schlich eine dunkle, hagere Gestalt vorsichtig und ungesehen durch das Unterholz des Waldes. Den Mantel weit zurückgeschlagen, die Kapuze tief in das erfahrene, wettergegerbte Gesicht gezogen. Selbstsicher zog Rascar unter den Bäumen umher, selbst mit geschlossenen Augen hätte sich der Waldschrat hier nicht verlaufen, der Wald war sein Zuhause, sein Reich. Kaum wer konnte ihm hier das Wasser reichen. Gedankenverloren ließ er sich einen Baumstamm hinunter sinken, strich behutsam über Wolfszahn, sein Jagdmesser. Die rasiermesserscharfe Klinge hatte schon so manchen unvorsichtigen, oder gar unhöflichen Menschen sein ach so teures Leben gekostet. Genüsslich biss der Wanderer in die grüne Schale eines frühreifen Apfels, schmeckte die wunderbare Vollkommenheit des Naturerzeugnisses. Was die Menschen der Natur, vor allem den wildlebenden Tieren antat war scheußlich. Aus purer Profitgier oder der schnöden, blutrünstigen Lust am Töten verloren täglich Hunderte von Lebewesen ihr Leben.
Tiefe Furchen fraßen sich in die raue Stirn Rascars, als er darüber nachdachte.

Plötzlich horchte er auf. Hatte er da nicht etwas gehört?
Da war es wieder - ganz eindeutig kam dort wer über den Weg, in dessen Nähe er saß. Von einem auf den anderen Moment war er verschwunden, nur ein paar bebende Äste zeugten noch von seiner vorherigen Anwesenheit.....

Dort lief er, der Verursacher des Knirschens auf dem Kiesweg. Von seinem Baum herab beäugte Rascar den Vorbeiziehenden. Kaum zu erkennen war er, selbst für Rascars scharfe Augen war schwer zu sehen, wer dort vorbei ging. Gekleidet in einen fast so schwarzen Mantel wie er selbst, die Kapuze aufgezogen. Dann sah der Beobachter das, was ihm über die grobe Identität des Unbekannten Aufschluss verschaffte: Der Zipfel einer Rüstung ragte aus dem Mantelkragen hervor, wies ihn eindeutig als einen der Banditen aus, die sich vor einiger Zeit hier in der Nähe, in der Burg oberhalb des Hofes dieses goldgierigen, fetten Schweines Onar, eingenistet hatten. Ihre Kollegen, die Söldner, welche den Hof "bewachten" waren keinen Deut besser als sie - ruchlos zerstörten sie, was die Natur in vielen Jahren und Jahrzehnten hervorgebracht hatte. Ein guter Grund sich diesen Gesellen dort unten einmal genauer anzusehen.
Geräuschlos ließ der Waldschrat sich an dem Baum herab, kam sanft auf dem weichen Waldboden auf. Sein ewig treuer Begleiter, Wolfszahn, fand seinen Platz in Rascars Hand. Herantastend umkreiste er den Banditen, näherte sich ihm mit routinierten, vorsichtigen Schritten.
Mit einem mal blieb sein Opfer stehen. Anscheinend hatte er ihn bemerkt er schien nicht wohl nicht so dumm zu sein, wie er aussah. Nun, da sich das Schwert seines Gegners schon in dessen Hand befand, hieß es vorsichtig, aber schnell sein. Argwöhnisch grinsend hob Rascar einen Stein auf - Ablenkung war genau das, was er nun brauchte. Schnell huschte er hinter dem Kerl her, gerade so, dass dieser, als er sich umwandte noch seinen Mantel im Wind flattern sah. Plötzlich verursachte etwas hinter Druid ein lautes Knacken. Ruckhaft schnellte er herum, beäugte grimmig die Stelle, aus der die Geräusche herrührten.
Das war der Moment auf den Rascar, welcher gerade den Stein geworfen hatte, gewartet hatte - er sprang aus dem Unterholz hervor, schloss seine Hand fest um den Mund des Banditen, zog den Überraschten mit einem Ruck mit dem Rücken an einen dicken Baumstamm.
Nur einen Sekundenbruchteil später spürte Druid, dem die Pfeife aus dem Mundwinkel gefallen war, den kalten Stahl des Messers an seinem Kehlkopf, blickte in ein, zu einer grotesken Grimasse verzerrtes, Gesicht. Stechend scharfe Augen blickten ihn an, schienen fast belustigt seinen Schrecken aufzusaugen.
"Ich grüße Euch, Bandit..."
Leise, aber geschnitten scharf hauchte Rascar diese Worte.
"Wohin des Wegs, zu so später Stunde?"
"Ich wüsste nicht, was Euch das angeht... Doch mir scheint, es bleibt mir nichts anderes übrig, als Euch mein Vorhaben zu unterbreiten."
Gezwungen presste Druid diese Worte hervor, wagte er doch kaum zu atmen, angesichts der scharfen Klinge, welche an seiner Kehle ruhte.
"Mein Weg führt mich nach Gorthar... ich suche Antworten auf einige... Fragen."
"Nun, gebt mir einen Grund, warum ich Euch überhaupt so weit kommen lassen sollte? Ihr seid es nicht wert, zu Leben. Kein Erbarmen zeigt auch den Tieren gegenüber, die Ihr tötet, Ihr und Eure ‚Kollegen'. Sagt mir - wie viele Wölfe und Molerats, wie viele Scavenger und Schafe fanden schon ihr Ende in Eurer Klinge? Ihr seid doch alle vom gleichen Schlag..."
"Nein, Ihr kennt mich nicht! Ich bin nicht so, wie die anderen - ich... ja, ich mag Tiere..."
"Warum sollte ich Euch glauben?"
"Lasst es mich beweisen! Von... von mir aus begleitet mich auf meinem Weg nach Gorthar... Ich werde Euch zeigen, dass Ihr Euch in mir geirrt habt!"
Eine Sekunde zögerte der Wanderer noch, sah noch einmal suchend in die Augen Druids. Dann, unvermittelt, nahm der das Messer von der Kehle des Banditen.
"Nun gut... ich will Euch glauben... aber gnade Euch Donnra, wenn ich erkennen sollte, dass Ihr gelogen habt..."
Schabend glitt erst die Klinge Druids, dann Wolfszahn wieder in ihre Betten...
Der Bandit schickte sich an weiter zu gehen und Rascar folgte der Aufforderung - er hatte sich vorgenommen, Druid zu begleiten....