Zum ersten mal seit sehr langer Zeit hatte Lucien Angst,
Angst vor dieser dunklen Gestalt die ihm das Leben zur Hölle machte,
sah plötzlich Hunderte Gesichter vor sich, alles schmerzverzerrte
Minen von seinen Opfern die um Gnade flehten. Er hatte sie nie walten
lassen und jetzt musste er dafür bezahlen, das hier war sein Schicksal,
und es begegnete ihm in der Form eines dunklen
Todesengels.
K: "Was solls, so hässlich wie sie war hättest du
sie sowieso nicht mehr gefickt, oder ?"
Der Hurensohn lachte, DIESER BASTARD LACHTE !
Er hatte auch noch ihr Gespräch mitgehört, die Angst in
Lucien wurde immer größer, doch war er kein Mensch bei
dem Angst so wie gewöhnlich wirkte, nein.
Wenn der Hüne Angst bekam, setzte sein Verstand aus, er verfiel
der Raserei und vernichtete alles und jeden mit seinen riesigen, prankenartigen
Händen.
Krigga machte immer weiter, warf mit immer schlimmeren Schimpfwörtern
umher, bezeichnete Lucia als verunstaltete Missgeburt, verlangte ein
Danke von Lucien, für das, dass er ihm ein Leben mit diesem Monster
erspart hatte. In des Rotschopfs Kopf geisterten nur mehr Bilder von
der Vergangenheit herum, das war das einzige was ihn wieder auf die
Beine brachte. Sein ganzer Verstand wurde blockiert, der Körper
ignorierte praktisch das Gehirn und der Riese verfiel komplett der
Raserei. Mit dem puren Wahnsinn in den Augen blickte er den Druiden
an, welcher auf einmal still wurde.
Das würde er büßen, DAS WÜRDE ER BÜßEN
!
Krigga
Der Berserker
ein
Funken Mitgefühl hauste mehr in Kriggas Herz, alle Formen von
Gnade und Mitleid waren verschwunden, das bisschen was ihn sonst noch
menschlich wirken ließ war verschwunden, nur sein Aussehen erinnerte
noch an diese Rasse.
Schnaubend trampelte der Hüne herbei, der Gildenlose begrüßte
das mit einem teuflischen Lächeln auf den Lippen.
K: "Na ? Hat dir dieses Gör denn soviel bedeutet ?"
Der erste Fausthieb sauste auf ihn herab, dem er aber gekonnt
auswich.
K: "Was willst du eigentlich, sie war vollkommen entstellt und
ähnelte eher einem Gobblin als einem Menschen, sei froh das ich
sie von ihrem Leid erlöst habe."
Der zweite folgte sogleich, traf aber wieder nicht Krigga, sondern
ließ eine karge Birke hinter ihm zerbersten.
K: "So wird das nichts mein Großer, du musst schon treffen
, hehe !"
Wieder schnellte die Faust des Berserkers hervor, doch diesmal kam
sie so schnell, dass ihr der Druide nicht ausweichen konnte.
Lucien packte ihn am Hals, hob ihn in die Höhe und schmetterte
ihn mit all seiner Kraft auf den Boden, doch ließ er nicht von
ihm ab. In seinem Wahn kannte er die Bedeutung von Gnade ebenso wenig
wie Krigga, also trat er wieder und wieder auf ihn ein und ließ
seinem Opfer keine Pause. Nachdem er ihm ein paar Rippen mehr gebrochen
hatte, packte er ihn wieder und warf ihn quer durch den
Garten gegen einen Baum. Dem schwarzen Krieger waren die Schmerzen
egal, er spürte sie nicht mehr, bekam nicht mehr mit wie viele
Knochen in seinem Körper noch heil und wie viele bereits gebrochen
waren. Das einzige was er noch realisierte, war die Tatsache, dass
er Lucien unterlegen war. Diesen vor Wut blinden Berserker konnte
im Augenblick nichts aufhalten, selbst eine ganze Armee würde
gegen ihn wohl schwach aussehen.
Und da kam der Koloss auch schon wieder angerannt, wenn der ihn noch
mal erwischen würde, gäbs Krigga schön durchgeknetet.
Aber ganz am Ende mit seinen Tricks war er noch nicht.
Blitzschnell griff der Druide in eine seiner Tasche und fing zwei
metallene, lange Gegenstände hervor die er mit beiden Händen
hielt. Mit einer bestimmten Bewegung klappten sich die Geräte
auf einmal auseinander und zum Vorschein kamen kleine, armbrustähnliche
Apparate, mit jeweils einem Bolzen darin. Tja, was Brach entwarf funktionierte
auch. Kurz gezielt, obwohl man den Hünen schwer verfehlen konnte,
feuerte er die beiden Geschosse ab, welche ihr Ziel auch trafen. Das
eine im Brustbereich, das andere im Oberschenkel.....
Lucien stolperte und schlug am Boden auf, für die meisten Leute
bedeuteten diese Treffer den sicheren Tod, aber nicht für ihn,
er hatte keine Zeit für den Tod, er musste noch wen umbringen.
Kaum war er zusammengebrochen stand er schon wieder auf und humpelte
wieder Richtung Krigga, verdammt, jetzt wurde es aber brenzlig.
Das einzige was ihm jetzt noch einfiel war die Flucht, aber wie sollte
er das anstellen, der Berserker würde ihn nie gehen lassen, welcher
schon bedrohlich nahe gekommen war.
Eine Idee, eine Idee musste her.
Und sie kam auch, seine grauen Zellen spuckten eine letzte Möglichkeit
aus.
Krigga atmete tief ein und warf kurz bevor ihn Lucien erneut packen
konnte eine Glaskapsel gegen dessen Körper, welche sofort zerbrach.
Die zwei von einer Zwischenwand getrennten Flüssigkeiten reagierten
miteinander und ließen eine Rauchwolke entstehen. Diese verursachte
krampfhafte Hustenanfälle und beschädigte die Nervenbahnen
des Opfers für kurze Zeit, im ersten Augenblick zeigte sich der
Hüne nicht sehr beeindruckt davon, doch als er die stickige Luft
einatmete, wurde ihm sofort schwarz vor Augen, das Gift verursachte
ein Chaos in seinem Kreislauf und er wurde von plötzlich auftretenden
Hustenanfällen geplagt. Seine Hand, die Kriggas Hals bereits
umgriffen hatte, ließ locker und er ging in die Knie.
Der Druide schleppte sich aus der giftigen Wolke heraus und holte
wieder Luft, er warf noch einen letzten Blick auf den sich krümmenden
Lucien und verschwand mit den Worten:
K: "Hey, immer geschmeidig bleiben mein Junge, wir treffen uns
wieder !"
Kapitel 2: Lucien
Lucien
Rache
rbarmungslos
griff die eisige Dunkelheit um sich und zog alles und jeden in ihren
Bann. Die Nacht ward hereingebrochen, die Straßen der Stadt
leer und die tagsüber herrschende Geräuschkulisse verstummt.
Nun zirpten bloß ein paar Grillen ihr Nachtlied und dumpfe Lall-Laute
dröhnten aus den diversen Schenken. Das robbenartige Weiterschieben
der Menschenzüge in den schmalen Gassen hatte sein Ende gefunden,
sie alle lagen nun in ihren flauschigen, kleinen Bettchen und beteten
ihr Abendgebet zu einem Gott, dessen Gehör angeblich für
alles offen
war. Steinigt ihn mit euren Wünschen, begrabt ihn unter der Anzahl
eurer mickrigen und unbedeutenden Bitten, eines Tages wird er zurückwerfen.
Weit draußen unter einem kargen Weichselbaum stand er.
Der Hüne, der Krieger, der Unbesiegte, Lucien. Vor ihm steckten
2 geschwungene Schwerter in dem aufgelockerten Erdboden, in den
kunstvollen Klingen spiegelte sich das helle Mondlicht wieder, welches
das Gesicht des Trauernden spärlich beleuchtete.
Tränen bahnten sich ihren Weg über die raue Haut, vorbei
an den borstigen Barthaaren, bis hin zum Kinn, wo sie sich dann zu
einem Tropfen sammelten und hinab auf den Erdboden fielen.
Sie war nicht mehr, ein Faktum das Lucien noch immer nicht begriffen
hatte. Es war einfach nicht möglich, seitdem er denken konnte
war sie an seiner Seite gewesen und nie von ihm gewichen, gäbe
es zwei feste Konstanten in diesem Universum, dann hießen sie
Lucien und Lucia.
Aber jetzt....alles vorbei wegen eines einzelnen Mannes. Wie viele
hatten schon wegen des mörderischen Duos das Zeitliche segnen
müssen ? 100, 200 ? Irgendwann hatte er aufgehört zu zählen,
es spielte doch sowieso keine Rolle. Kaum waren sie da, waren sie
auch schon wieder weg gewesen um in einem neuen Abschnitt dieses Planeten
nach verborgenen Artefakten und prunkvollen Schätzen zu suchen.
Doch nun, sollte er alleine weiter machen ? Ohne seine geliebte Schwester
?
Nein, es würde nie mehr so werden wie es einmal war. Die Lust
am Rauben und Morden war ihm vergangen, er konnte keinen Funken Energie
in seinem Herzen dazu bewegen sich wieder den alten und gewöhnlichen
Zielen zu widmen, denn alles was ihn zu einem Menschen machte, bäumte
sich in ihm auf, erhob das Schwer und dürstete nach Rache.
Das Blut des Verfluchten soll seine Klinge bedecken, seine Augen sollen
ihm aus dem Schädel gerissen werden, seine Weichteile zwischen
2 stumpfen Steinen zerquetscht werden. Er solle sämtliche Schmerzen
ertragen müssen, die ein Mensch aushalten kann ohne zu sterben
und dann.....dann würde er dahin fahren wo auch Lucia war.
In die Hölle.
Ln: "Bei den Seelen unserer Ahnen, ich werde dich rächen
und wenn es das Letzte ist was ich tue.....vielleicht ist es besser
wenn es das Letzte ist was ich tue, dann bin ich wenigstens bei dir
mein geliebtes Schwesterherz.
Und niemand wird uns trennen können, wir werden für immer
zusammenbleiben und der Hölle das fürchten lehren, hehe,
wir würden das schaffen."
Hastig wischte sich Lucien eine Träne von der Wange und fuhr
sich durchs verfranste Haar.
Hier endete eine Legende, die Legende eines der berühmtesten
Geschwisterpaare der Geschichte.
Viele würden ihrem Beispiel folgen, zahlreiche Kopien würden
der Menschheit weitere grauenvolle Hiebe verpassen, doch an das Original
würde keiner herankommen.
Aber nun war Schluss, der Schmerz wurde unterdrückt und von
einem anderen, viel angenehmeren Gefühl ersetzt. Blinde Wut.
Es war an der Zeit die Jagd auf Krigga zu beginnen, es würde
schwer werden ihn zu finden, aber etwas sagte ihm, dass er gefunden
werden wollte.
Das er nach Khorinis zurückgekehrt war, war klar. Dort war sein
Zuhause, dort kannte er sich aus, ihm war klar, dass Lucien ihn jetzt
erbarmungslos jagen würde. Abrupt wandte sich der Hüne vom
Grab ab und marschierte in Richtung der Stadt Gorthar. Bald, bald
würde es so weit sein und das Herz dieses Bastards würde
ihn Luciens Händen aufhören zu pochen.
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Krigga
Der schwarze Seraphin
ach
langer Zeit kehrte er dorthin zurück, wo alles begann. Der Druidenwald,
das Tal der 13 Gräber, der Ursprung der dunklen Legende. Hier fand
so manche Geschichte seinen Anfang und jede würde hier ihr Ende
finden, nur ließ das Schicksal das Finale nicht sofort zu, nein,
es zog die verdammenswerten Existenzen immer länger und länger,
bis sie eines Tages so ausgeleiert und nutzlos werden, sodass man sie
für nichts mehr verwenden kann.
Der Wald hatte viele Gesichter, dieser paradiesische Klumpen ausgespuckt
von der Erde, zugleich wunderschön und ein Ort der quälenden
Stille. Das Schicksal hatte noch für jeden den passenden Alptraum
gefunden, auf alle Bedürfnisse eingestellt. Herrlich, fantastisch,
meisterhaft.
Damals, als sich noch der ungestüme, lebenslustige Junge in Kriggas
Herz wiederspiegelte, da war es seine schlimmste Vorstellung eines Tages
nicht mehr so sein zu können wie er war. Nicht mehr alles mit den
unbetrübten Augen betrachten zu können, das Leben nicht mehr
in vollen Zügen genießen zu können.
Doch sein Alptraum wurde Wirklichkeit und hatte ihn in Form eines geflügelten
Wesens heim gesucht und damit lebte er nun seit insgesamt 40 Jahren,
ja, es waren fast 40 Jahre die er im Reiche Shadowbane verbringen musste,
40 Jahre die ihn keinen Tag Altern ließen und 40 Jahre die hier
auf der Erde in 4 Wochen vorüber waren.
Doch als Krigga aus diesem finsteren Reich entfliehen konnte indem er
IHN überlistete und die Gottheit mitsamt seiner gesamten Schöpfung
in den Bannstein, der dem Gildenlosen in die Brust eingebrannt wurde,
eingeschlossen hatte, nahm er eine große Verpflichtung auf sich.
Dieses Behältnis voll purer, böser Materie, verbunden mit
seinem eigenen Körper, durfte auf keinen Fall geöffnet werden.
Würde Krigga sterben, wäre dem Dunklen alle Wege geöffnet,
würde er versuchen den Stein zu entfernen, käme es auf das
selbe heraus. Folglich war es seine Aufgabe für den Rest seines
kümmerlichen Lebens diese tickende Urwaffe zu bewahren und dann
bei seinem letzten Atemzug...dann wäre es auch um die Menschheit
geschehen.
Und die Last des Bannsteines war schwer, denn SEIN Wille war noch lange
nicht erloschen, immer wieder versuchte er in Kriggas Kreislauf einzudringen
und ihn auf den dunklen Pfad zu führen, er säuselte ihm finstere
Gedanken ein und verfolgte nur ein Ziel. Die Freiheit.
Langsam aber doch spaltete sich die undurchdringbare Nebelwand des verborgenen
Tales und der Schattenläufer, welcher den Druiden trug, stapfte
gemächlich durch die mystische Barriere.
Kurze Zeit später kam er zum Stillstand, denn sein Begleiter wollte
nun den Weg alleine weitergehen, er war zu Hause, hier konnte ihm nichts
mehr passieren, hier sah keine Menschenseele wie er wirklich aussah.
Etwas unbeholfen schlurfte er in Richtung Zentrum des Waldes und legte
nach und nach sämtliche Rüstungsgegenstände ab, die würde
er jetzt nicht mehr brauchen.
Krigga
m Ziel
seines Marsches angelangt trug Krigga nur noch seine zerfetzte Hose,
gewebt aus einer Zux Robe, den Rest hatte er im ganzen Wald verstreut
liegen gelassen. Es war nun an der Zeit das zu tun, nachdem er sich
schon so lange sehnte. Sein wahres Gesicht hervorzukehren und der menschlichen
Rasse offenkundig zu trotzen.
Er konnte die Macht spüren, fühlte wie sie aus dem Bannstein
entwich und langsam seinen Körper infizierte. Das Dunkle durchfloss
seine Pulsadern, bahnte sich ihren Weg in jeden noch so kleinen Winkel
und würde bald das Ziel erreichen.
Jeder Muskel des Druiden war angespannt, sein Geist zur absoluten Konzentration
getrimmt, denn er spielte gerade mit dem Schicksal der Welt, denn wenn
ER kommen würde, würde er jedem Geschöpf auf Erden seinen
Samen in den Schoß nageln und die Erde zu einem Ort verwandeln,
dem die Hölle nicht das Wasser reichen konnte.
Die finstere Materie hatte bereits Kriggas Kopf infiltriert, seine Pupillen
begannen sich von schwarzen Linien zu durchziehen, bis seine ganzen
Augäpfel so dunkel wie die Nacht waren. Etwas in ihm machte einen
Ruck, als ob sich eine verborgene Tür öffnen würde. Er
spürte, gleich war es soweit, gleich war die Verwandlung vollendet,
in wenigen Sekunden war die giftige Blume vollends erblüht.
Schmerzen überkamen ihn, unvorstellbar stark peitschten sie seinen
Körper und ließen ihn leiden, als ob ihm jemand das Mark
aus den Knochen saugen würde.
Auf seinem Rücken rissen auf einmal zwei schon längst verheilte
Wunden, nahe den Schulterblättern auf und der letzte Teil der Transformation
setzte ein.
Blitzschnell schossen zwei riesige, mit schwarzen Federn behangene Flügeln
aus ihm heraus und streckten sich. Sie hatten so lange geschlafen, wurden
für eine kleine Ewigkeit versteckt vor den ungläubigen Augen
und nun endlich war es für sie an der Zeit sich wieder zeigen zu
dürfen.
Die Metamorphose war vollbracht, der schwarze Seraphim stand mit weit
ausgebreiteten Armen inmitten des Waldes und rief:
Schicksal, sieh auf dein Werk und verzweifle
Nun stand dem Ende Luciens nichts mehr im Weg, sämtliche Wunden
Kriggas waren verheilt und seine Macht war bis über die menschlichen
Grenzen gestiegen, jetzt musste er den Rotschopf nur noch herlocken.
Dann würde alles gut werden, er würde sich das Bannfläschchen
von dem seltsamen Fremden abholen und endlich diesen Fluch los werden.
Aber es musste schnell gehen, in diesem Zustand war SEIN Einfluss auf
den schwarzen Seraphim mehr als doppelt so stark.
Lucien
Zurück in Khorinis
anft
schaukelte der Wind die Blätter eines wunderschönen, dichten
Waldes. Sonnenstrahlen schmiegten sich an Luciens Haut und erwärmten
sein Gemüt, doch was ihn tief im Inneren frohlocken ließ,
war das helle und herzhafte Lachen seiner Schwester. Ihr langes, rotes
Haar wogte auf und ab, ihre seidene, weiße Haut ließ ihr
Gesicht förmlich strahlen und ihre Augen, ihre Augen versprühten
ein Gefühl der Lebensfreude, als ob sie nichts von dem bedauern
würde, was sie anderen Menschen angetan hatte. Sie tanzte mit den
herumwirbelnden Blättern, drehte sich im Kreise und die strahlende
Sonne spiegelte sich in ihren eisblauen Augen wieder.
Es war so wunderschön, Lucien wollte das es nie wieder aufhörte,
konnte den Gedanken nicht ertragen dieses Lachen nicht mehr hören
zu können.
Plötzlich vermischten sich die Geräusche des Waldes mit einem
Flattern und Krähen, es wurde immer lauter und bald schon verdunkelte
sich der Himmel und der Wind verstummte, überhaupt alles blieb
stehen, auch er konnte sich nicht mehr bewegen, nur Lucia tanzte weiterhin
vor seinen Augen und beachtete alles um sie herum gar nicht. Sie sah
nicht die nachtschwarzen Raben, die sich vom Himmel aus auf sie herabstürzten,
mit Schaum vor dem Mund und glühend rote Augen.
Es waren Hunderte, Tausende, man konnte den Himmel nicht mehr sehen
vor lauter Raben, und alle steuerten nur auf dieses eine Ziel zu.
Lucia.
Als sie ihr Ziel erreichten verstummte ihr Lachen und ging über
in einen gellenden, nicht Enden wollenden Schrei. Lucien wollte ihr
zu Hilfe kommen, doch er konnte sich nicht bewegen, aus seiner Kehler
drang kein einziges Wort, seine Arme hingen regungslos herab, nicht
einmal die Augen konnte er schließen um dieses Grauen nicht mit
ansehen zu müssen. Die Vögel stürzten sich auf sie, umringten
sie und hackten auf ihr herum, bald schon war nichts mehr von Lucia
zu sehen, denn eine schwarze Masse umgab sie.
Lucien wollte sein Schwert ziehen, aber konnte nicht, er konnte gar
nichts tun und musste hilflos zusehen, wie diese Biester seine Schwester
beim lebendigen Leibe auffraßen.
Wenige Minuten später war es zu Ende, die Raben waren verschwunden
und hatten bloß ein abgenagtes, blutbesudeltes Skelett hinterlassen.
Der Hüne konnte sich wieder bewegen, doch jegliche Hilfe kam zu
spät, er konnte nur noch einen schmerzverzerrten Schrei ins Himmelblau
ausstoßen......und dann erwachte er.
Der Alptraum war zu Ende, so wie jede Nacht, die er seitdem über
sich ergehen hat lassen müssen.
Es war immer der selbe Ablauf, immer der gleiche Traum, immer wieder
aufs Neue diese schmerzhafte Folter seiner gepeinigten Seele. Um ihn
herum war es stockdunkel, der eisige Wind peitschte über seinen
Körper hinweg und ließ sein Herz noch kälter werden,
als es ohnehin schon war. Zaghaft richtete sich der Hüne auf und
sah sich um. Endlich, er war auf Khorinis.
Tagelang war er ziellos über den Fjord getrieben und nun endlich
hatte ihn das eisige Wasser ausgespuckt und an Land gebracht.
Langsam und vorsichtig erhob er seine müden Knochen und setzte
einen Fuß auf die matschige Erde, dem Schicksal sei Dank hatte
er wieder festen Boden unter seinen Füßen und konnte den
Geruch des Waldes in seiner Nase spüren.
Doch da, da war wieder dieses Geräusch aus seinen Alpträumen,
dieses Flattern, ein Krähen und da erblickte er auch schon das
Wesen das ihm so viel Angst einflößte.
Der Rabe hockte still und starr keine zwanzig Meter vor ihm auf einem
Baumstumpf und starrte ihn mit seinen toten Augen an.
Hass, Wut, Verzweiflung, alles was ihn die letzten Tage psychisch fertig
gemacht hatte kam nun zum Vorschein und trieb jegliche Müdigkeit
aus seinem Körper. Seine Gesichtszüge verfinsterten sich und
er spurtete mit gezogenem Schwert auf das Tier los, sein Kampfgeschrei
ließ den Wald erzittern und würde jedem Lebewesen Angst einflößen,
doch der Rabe bewegte sich kein Stück. Selbst als das Schwert auf
ihn herabsauste machte er keine Anzeichen davon zu fliegen und so fing
Lucien die Klinge auf.
Dreißig Zentimeter über dem Kopf des geflügelten Tieres
kam die rasiermesserscharfe Klinge zum Stillstand und noch immer starrte
der Rabe Lucien bloß an.
Keuchend und im ersten Moment ratlos stand der Hüne da und seine
rechte Hand begann zu zittern, war er noch immer im Reich der Träume
?
Nein, es war alles real, der Vogel war kein gewöhnliches Tier.
Es war ein Bote.
Lucien erinnerte sich an die letzten Worte von Krigga:
Wie sehen uns wieder....
Dieser Bastard dachte gar nicht daran sich jagen zu lassen, er schickte
sogar seine geflügelten Höllenviecher um Lucien zu ihm zu
führen. Das machte die Sache für den Rotschopf leichter, dann
dauerte es wenigstens nicht mehr so lange bis er seine Rache bekam.
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